PRESSEMITTEILUNG | Mindestlohnkommission: Tarifautonomie wahren und gesamtwirtschaftliche Lage berücksichtigen

Berlin, 03.06.2025 - Anlässlich der bevorstehenden Sitzungen der Mindestlohnkommission, die bis Ende Juni 2025 einen Vorschlag für die künftige Mindestlohnanpassung verhandelt, wünscht die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss (ANG) der Kommission viel Erfolg!

Gut und richtig ist, dass sich die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag ausdrücklich zur Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission bekennt und die Tarifautonomie anerkennt. Bei der Gesamtabwägung der Beschlussfindung ist neben der Orientierung an den nachlaufenden Entwicklungen der Tariflöhne die schwierige wirtschaftliche Lage – Deutschland befindet sich seit über drei Jahren in einer Stagnation bzw. Rezession – zu berücksichtigen.

„Die Rahmenbedingungen bleiben für die Betriebe der Ernährungs- und Genussmittelindustrie herausfordernd. Die Wettbewerbsfähigkeit steht aufgrund der hohen Kosten unter Druck, das betrifft nach wie vor Rohstoffe und Energie,
aber auch steigende Lohn- und Bürokratiekosten. In der Ernährungsindustrie verharrte die Stimmung laut ifo-Geschäftsklimaindex im Laufe des zweiten und dritten Quartals 2024 nur leicht über dem Vorjahresniveau und blieb mit durchschnittlich 97,3 Punkten weiterhin unter der neutralen Marke von 100, die Wachstum signalisieren würde. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen
planen einer aktuellen Erhebung zufolge 35 Prozent der Betriebe der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, ihre Investitionen am Standort Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren real zu reduzieren“, erläutert Kim Cheng, Hauptgeschäftsführerin der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e. V.

„Wenngleich die große Mehrheit der Beschäftigten der Branche deutlich über dem Mindestlohn bezahlt wird, eine zu starke Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns würde nicht nur bestehende Tarifverträge überholen, sondern auch den Druck auf die unteren Lohngruppen erhöhen und die wirtschaftliche Tragfähigkeit für einzelne Unternehmen ernsthaft gefährden. Die Situation ist ernst: Möge die Mindestlohnkommission einen Beschluss fassen, der die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Deutschland stärkt, Planungssicherheit schafft und nachhaltige wirtschaftliche Stabilität gewährleistet“, so Cheng weiter.

Mittelständische Landwirtschafts- und Obst- sowie Gemüseverarbeitungsbetriebe sind auf Saisonarbeitskräfte angewiesen. Der Lohnkostenanteil bei Rohware liegt über 65 Prozent, und seit Einführung des Mindestlohns 2015 sind die Lohnkosten
um 73 Prozent gestiegen.

„Hierdurch geraten diese Betriebe wirtschaftlich unter Druck, was zu Überlegungen führt, die Verarbeitung ins Ausland zu verlagern oder den Anbau in Deutschland einzustellen“, warnt Cheng.

Der Selbstversorgungsgrad bei Obst liegt nur noch bei etwa 20 Prozent und wird weiter sinken, trotz des im Koalitionsvertrag formulierten Ziels, die Selbstversorgung zu erhöhen. Im Sinne der Erhaltung der Rohwarenversorgung Deutschlands mit heimischem Obst und Gemüse setzt sich die ANG für eine Sonderregelung für Saisonarbeitskräfte bei der künftigen Festlegung des
gesetzlichen Mindestlohns ein.

Die Ernährungs- und Genussmittelindustrie beschäftigt in etwa 6.000 vorwiegend kleinen und mittelständischen Betrieben rund 643.000 Menschen. Anders als in allen anderen deutschen Industrien werden in der Branche jedes Jahr hunderte von Tarifverträgen in den einzelnen Regionen und Teilbranchen abgeschlossen und neu verhandelt. Es gibt keinen anderen Wirtschaftsbereich in Deutschland, der eine solch differenzierte Tarifpolitik betreibt. Die ANG verbindet als Dachverband die neun sozialpolitischen Landesverbände sowie vier Fachverbände der Ernährungs- und Genussmittelindustrie.

Kontakt für Presseanfragen:

Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V.

Hauptgeschäftsführerin Kim Cheng

Claire-Waldoff-Straße 7, 10117 Berlin

Tel.: 030 200 786 113; E-Mail: cheng@ang-online.com

 

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